Über den Pass da Costainas nach Val S-Charl
Der sechste Tag begann still. Schon beim Frühstück lag dieses besondere Gefühl in der Luft – Vorfreude, aber auch ein bisschen Wehmut. Es war unser letzter Reittag, der Abschluss einer Woche voller Berge, Grenzen, und unvergesslicher Momente.
Wir frühstückten früh, packten das Gepäck, holten die Pferde von der Weide und sattelten ein letztes Mal.


Zur Campatsch-Quelle und hinauf zum Pass da Costainas
Zunächst führte uns der Weg sanft bergauf zur Campatsch-Quelle, die in einer kleinen Mulde unterhalb der Baumgrenze liegt. Das klare, eiskalte Wasser gluckerte zwischen Felsen hervor, und wir ließen die Pferde kurz trinken. Danach begann der eigentliche Aufstieg zum Pass da Costainas, dem höchsten Punkt unserer gesamten Tour.
Je höher wir kamen, desto weiter wurde die Aussicht. Unter uns lag das Tal in goldenem Morgenlicht, und in der Ferne glitzerte der Schnee des Ortlers – ein letzter Gruß unseres stillen Begleiters der vergangenen Tage.




Auf 2.251 Metern erreichten wir schließlich den Pass. Wir blieben einige Minuten stehen und genossen den Rundblick über die Berge. Hier oben entstanden die letzten Gruppenfotos, bevor wir uns an den Abstieg machten.






Ab hier ging’s dann bergab

Abstieg nach Val S-Charl
Der Weg hinunter führte durch weite Almmatten, dann in dichte Wälder. Zwischen den Bäumen roch es nach Harz, Moos und Sonne auf warmem Stein. Bald tauchten die ersten Holzhäuser von Val S-Charl auf – ein winziges Bergdorf mit gerade einmal einer Handvoll Bewohnern, eingebettet zwischen Wiesen und Bergen.
Im Gasthaus am Ortsrand machten wir unsere letzte Pause. Wir saßen auf der Terrasse, tranken Kaffee und ließen die Pferde in der Sonne dösen. Niemand sprach viel; es war einer dieser Momente, in denen Worte überflüssig sind. Danach ritten wir weiter – das letzte Stück zurück nach San Jon, wo unsere Tour vor sechs Tagen begonnen hatte.





Gegen 17 Uhr erreichten wir den Reitbetrieb. Wir sattelten ab, streichelten die Pferde ein letztes Mal und verabschiedeten uns voneinander. Aus einer Gruppe Fremder war in einer Woche eine Gemeinschaft geworden

Am Abend machten wir uns auf den Rückweg Richtung Heimat und übernachteten noch einmal in der Nähe des Fernpasses
Der Pass da Costainas
Der Pass da Costainas verbindet das Val Müstair mit dem Val S-Charl und liegt auf 2.251 Metern Höhe. Er ist einer der wenigen vollständig naturbelassenen Übergänge der Region und nur zu Fuß, per Rad oder zu Pferd erreichbar. Vom höchsten Punkt reicht der Blick weit über die Engadiner Berge bis hinüber in die Ortlergruppe.
Der Name „Costainas“ stammt aus dem Rätoromanischen und bedeutet so viel wie kleine Rippen – ein Hinweis auf die sanft gewellten Kämme, die sich von hier über die Alpen ziehen.
Der Ortler – Südtirols ewiger Wächter
Mit 3.905 Metern ist der Ortler der höchste Berg Südtirols. Er wurde 1804 erstmals bestiegen und ist seither Symbol und Stolz des Vinschgaus. Von vielen Punkten unserer Route war sein markanter Gipfel sichtbar – mal fern und mystisch, mal klar und greifbar.
Sein Anblick begleitet Reisende auf dem gesamten Weg durch das obere Etschtal – ein stiller Fixpunkt zwischen Himmel und Erde.
Val S-Charl – Das stille Tal der Kiefern
Das Val S-Charl ist ein Seitental des Engadins, südlich von Scuol. Es ist bekannt für seine Ruhe, die alten Arvenwälder (eine Kiefernart, die bis zu 800 Jahre alt wird) und das warme Licht, das durch die schmalen Täler fällt. Früher wurde hier Silber abgebaut, heute ist es ein Paradies für Wanderer und Reiter, die das Ursprüngliche suchen.
Im Sommer duftet es nach Harz und Alpenkräutern, und wenn man Glück hat, kann man am Abend Gämsen oder Hirsche am Waldrand beobachten.
Tagesdaten
- Strecke: ca. 30 km
- Reitzeit: ca. 7 Stunden
- Route: Ofenpass – Campatsch-Quelle – Pass da Costainas – Val S-Charl – San Jon (Scuol)

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